An einem sonnig warmen Frühlingstag kurz vor Ostern, erklangen aus dem Hasendorf laute Stimmen. Sie kamen aus dem Teil der Osterwerkstatt, in dem die Hasen jedes Jahr ihre Eier bemalten.
In der großen Halle standen sich der Osterhase und ein kleinerer Hase gegenüber. Sein Name war Ekkebart Grummelpuschel.
Ekkebart hatte trotzig die Pfoten verschränkt und seine Augen funkelten vor Wut. „Ich will keine Eier bemalen!“, rief er und warf seinen Pinsel zu Boden.
„Ekkebart, es ist deine Aufgabe, Eier zu bemalen.“ Der Osterhase seufzte und bemühte sich, ruhig zu sprechen. „Jeder hier im Hasendorf hat seine Aufgabe.“
„Dann gib mir eine andere. Ich kann nicht malen und jeder weiß das. Ich bekomme keine schönen Blumen hin und keine gleichmäßigen Muster. Alle in der Werkstatt lachen über mich. Lass mich die Hühner füttern, oder die Eier auf den Wagen bringen. Ich kann auch die Werkstatt putzen, aber ich will keine Eier mehr bemalen.“
Der Osterhase seufzte erneut. „Das geht nicht. Jedem Hasen wird bei der Geburt seine Aufgabe zugeteilt. So ist es seit jeher. Ich weiß nicht, warum gerade du ein Malerhase geworden bist, doch es wird seinen Grund haben.“
„Aber“, setzte Ekkebart erneut an.
„Kein Aber!“ Die Stimme des Osterhasen tönte durch die ganze Halle und alle Hasen legten ihre Löffel an. „Dort stehen deine Eier, Ekkebart, und du wirst sie bemalen. Das ist mein letztes Wort.“ Daraufhin dreht sich der Osterhase um und verließ die Werkstatt.
Ekkebart brummte missmutig. Vor ihm befand sich der große Korb mit unzähligen Eiern, die er nun anmalen musste. Daneben stand der Trockenwagen für die fertigen Eier. Zu seinen Füßen lag der Pinsel. Mürrisch starrte Ekkebart ihn an, bis ihm schließlich eine Idee kam. Die Eier mussten bemalt werden, egal wie. Also hob er den Pinsel auf, nahm seine Farbpalette, zückte eine ganz bestimmte Farbtube und presste sie vollständig aus. Anschließend schnappte er sich das erste Ei, bemalte es und stellte es in den Wagen. Daraufhin nahm er das Nächste und noch eins und ein weiteres. Er malte, bis die ganze Farbe verbraucht war, betrachtete seine Arbeit und machte sich auf den Weg zum Farblager. Die Hasen an den umliegenden Arbeitsplätzen schauten mit aufgerissenen Augen erst Ekkebart hinterher und dann zu seinem Trockenwagen, auf dem ein pechschwarzes Ei neben dem anderen lag.
„Darf er das?“, wollte ein sehr junger Hase wissen. Um ihn herum zuckten die Hasen mit den Schultern.
„Dem Osterhasen wird das bestimmt nicht gefallen“, meinte ein anderer Hase und alle nickten. Als Ekkebart aus dem Lager kam, hielt er zwei weitere Tuben mit schwarzer Farbe in seinen Pfoten. Mit entschlossener Miene und hochgereckten Löffeln schritt er voran und übersah eine rote Farbpfütze.
„Ekkebart, pass auf“, wollte ihn ein Hase warnen, doch da war es schon zu spät. Ekkebarts linker Fuß rutschte weg und mit einer schwungvollen Drehung landete er ein Stück weiter auf dem Hintern, an dem nun grüne Farbe klebte. Auf allen Vieren suchte er nach seinen Farbtuben, während einige Hasen kicherten. Je weiter Ekkebart zwischen den Arbeitstischen herumkroch, desto mehr bekleckerte er sich mit Farbe.
Das Kichern wurde zu einem Lachen. Erst, hinter vorgehaltener Pfote, dann schallend durch die ganze Hasenwerkstatt. Endlich hatte Ekkebart seine Farbtuben gefunden und zog sich am Nachbarmaltisch hoch. Dabei stieß er einen Farbbecher um, dessen Inhalt sich langsam über ihn ergoss.
Das war zu viel für Ekkebart. Er warf die Farbtuben in Richtung seiner Eier, tobte und schimpfte. Er schüttelte seine Arme und Beine, schlackerte wild mit den Ohren. Auch den Hintern wollte er von der Farbe befreien und wackelte kräftig mit dem Puschelschwanz. Bunte Farbe spritzte in alle Richtungen, bis Ekkebart schließlich schwer atmend stehen blieb. Mit leiser, zittriger Stimme meinte er: „Da seht ihr es! Ich bin kein Malerhase. Ich bin allenfalls ein Pechhase, oder Clownhase. Lacht nur, lacht! Ich würde es ja auch nicht anders machen.“ Kraftlos ließ er sich auf seinen Hocker fallen und schloss die Augen. Das Lachen verstummte, und ein leises Tuscheln und Murmeln erfüllte den Raum.
„Habt ihr jemals solche Eier gesehen?“
„Nein, noch nie!“
„Sie sehen großartig aus.“
Kräftige Schritte näherten sich und Ekkebart wusste, von wem sie stammten. Er schaute jedoch erst auf, als ihm der Osterhase die Pfote auf die Schulter legte. Der Osterhase lächelte und sah anerkennend zu Ekkebarts Trockenwagen. Auch Ekkebart staunte nicht schlecht. Dort standen seine schwarzen Eier, die gänzlich mit bunten Klecksen verziert waren. Die Farben leuchteten auf dem Schwarz viel mehr als auf der natürlichen weißen Schale. Schneller als er ein Möhrchen knabbern konnte, war seine Wut verschwunden. Zum ersten Mal war Ekkebart stolz auf seine Arbeit und ihm wurde warm bis in die Löffelspitzen.
„Siehst du Ekkebart, du BIST ein Malerhase! Daran brauchst du nie wieder zu zweifeln.“ Ekkebart stand auf und drückte sich fest an den Osterhasen, der mit warmer Stimme lachte. „Aber die Werkstatt putzt du trotzdem!“